Freitag, 9. Januar 2009

Mulheres da Vida I Rio de Janeiro





“Ihr könnt Fotos machen, wovon Ihr wollt – es gibt keine Einschränkungen!”
So begann jenes Projekt von mir und Miriam Müller im Rahmen eines ASA-Stipendiums, dass wir gemeinsam mit 10 brasilianischen Frauen von Oktober bis Anfang Dezember 2006 in Rio de Janeiro durchführten. Allesamt arbeiten die Frauen als Prostituierte in den Gassen und Stundenhotels im Zentrum und am Rande Rios weitab vom glitzernden Schein der Copacabana. Die Frauen engagieren sich in der Nichtregierungsorganisation DAVIDA. DAVIDA ist eine 1992 gegründete NGO, die seither sehr erfolgreich für die Stärkung der Rechte von brasilianischen Prostituierten kämpft.

Die Idee unseres ASA-Projektes war, mit Hilfe der Fotografie, den Alltag der Prostituierten abseits der Milieustereotypen sichtbar zu machen. Wir erhofften uns, ihnen damit zu einer größeren Anerkennung in einer nicht selten bigotten brasilianischen Gesellschaft zu verhelfen, in der zwar auch außerhalb der Privatsphäre Sexualität allgegenwärtig scheint, Prostitution hingegen moralisch diskreditiert ist und mithin deren Umstände kaum hinterfragt wird. Denn ganz besonders mit den Konsequenzen der die brasilianische Gesellschaft geradezu prägenden Doppelmoral sind die Frauen tagtäglich konfrontiert.

Die teilnehmenden Damen erhielten simpel zu bedienende Einwegkameras, um damit ihren eigenen, das heißt, einen für viele Menschen unsichtbaren Alltag einer Prostituierten in Rio de Janeiro, abzubilden. So entstand in relativ kurzer Zeit und mit bescheidenen Mitteln ein buntes Mosaik aus dem Leben der „Mulheres da Vida“ (“Frauen des Lebens”), wie sie in Brasilien genannt werden.

Die dabei entstandenen Fotografien geben einen facettenreichen Einblick in das Leben der Frauen. Die Bilder erzählen vom Alltag "normaler" brasilianischer Frauen mit ihren großen und kleinen Problemen aber auch von ihren Freuden, Träumen und Leidenschaften. Die bildhafte Auseinandersetzung und die Präsentation in einer Ausstellung sollten dazu beitragen, die allgegenwärtigen Formen von Stigmatisierung und Diskriminierung zu hinterfragen. Denn die Fotografien geben einen Einblick in ihr Leben, das sich nicht einzig und allein auf ihren Beruf reduziert. Gemeinsam ergibt sich ein buntes Kaleidoskop aus vielerlei Einsichten in einen Alltag zwischen Familie, Freizeit und Beruf. Durch ein gezieltes Zusammenkommen der Teilnehmerinnen wünschten wir uns ferner, den Austausch und die Kommunikation unter den Frauen zu fördern. Denn auch für die Frauen selber ergaben sich beim Anblick der Fotografien ganz neue Einblick in das Leben ihrer Kolleginnen. Neben der Anerkennung nach außen, erhofften wir zudem ihre eigene ganz persönliche Wertschätzung zu stärken.

Dabei halfen ferner von uns geführte Interviews, die durch die gemeinsame Beschäftigung mit den persönlichen Fotos der Frauen eine besondere Intimität erreichten. Gemeinsam mit dem Bildmaterial erzählen sie von 10 individuellen Frauen, die in einem ganz speziellen Spagat zwischen Familie, Job(s) und Freizeit ihren Alltag in der brasilianischen Metropole auf bewundernswerte Art und Weise meistern. Die vermeintlich banalen und gerade deshalb so alltäglichen Fotografien geben gemeinsam mit kurzen Passagen aus den Interviews einen kleinen Einblick in ihren alltäglich zu bewältigenden Spagat zwischen Kindern, Kirche und Kondom.

für mehr Informaionen: http://en.wikipedia.org/wiki/Davida, http://www.davida.org.br/, http://imagens-davida.blogspot.com/

1 Kommentar:

all photos by daniel seiffert. for further information or in case you are interested in some pictures feel free to contact me.